München/Brüssel, 10. Dezember 2012. In dieser Woche soll das Europäische Parlament über das neue EU-Einheitspatent abstimmen, das auch die Einrichtung eines neuen Patentgerichtshofes vorsieht. Mit diesem neuen Patentrecht soll die Erteilung von Patenten innerhalb der EU beschleunigt werden. Die internationale Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ und andere Institutionen warnen vor einer Zustimmung, weil die Interessen der Öffentlichkeit nicht ausreichend berücksichtigt werden. „Insbesondere multinationale Konzerne wie Monsanto werden vom neuen Patentrecht profitieren, das es ihnen auf einen Schlag ermöglicht, ihre Monopole in der EU durchzusetzen. Die Interessen der Öffentlichkeit, der Verbraucher, der Landwirte und traditionellen Züchter werden dagegen weitgehend ignoriert“, sagt Christoph Then von der Koordination von „Keine Patente auf Saatgut!“. Nach Äußerungen verschiedener Abgeordneter des Europäischen Parlaments besteht dort keine ausreichende Klarheit über die Auswirkungen des neuen Patentrechts. Offensichtlich würde viel mehr Zeit benötigt, um den Entwurf zu diskutieren und ihn in Übereinstimmung mit den Interessen der Öffentlichkeit zu bringen. Der federführende Rechtsausschuss wird allerdings von Abgeordneten dominiert, die auf eine rasche Verabschiedung drängen. Die Motive dafür könnten äußerst fragwürdig sein. So ist zum Beispiel der Vorsitzende des Ausschusses, Klaus-Heiner Lehne (CDU), intensiv mit dem Entwurf für die neue Patentgesetzgebung befasst. Gleichzeitig arbeitet er für die Kanzlei Taylor Wessing, die für die Industrie im Bereich Patentrecht tätig ist. Problematisch an der neuen Regelung ist insbesondere der Vertrag zum neuen Patentgerichtshof, der jetzt „im Paket“ mit abgesegnet werden soll. Für diese speziellen Regelungen ist Klaus-Heiner Lehne als Berichterstatter des Parlaments verantwortlich. Der Patentgerichtshof soll nicht der Kontrolle der EU unterstehen, sondern auf der Grundlage eines Vertrags zwischen den EU-Staaten errichtet werden. Damit würde ein Sonderrecht geschaffen, das die bestehenden Systeme überlappt und nach Einschätzung vieler Beobachter keine ausreichende Rechtssicherheit bietet: Es wird keine Möglichkeit geben, die Entscheidungen des Patentgerichts durch den EuGH überprüfen zu lassen. Im Vergleich mit den Verfahren am Europäischen Patentamt werden die Kosten für Organisationen, die aus öffentlichem Interesse gegen Patente Einspruch einlegen, drastisch erhöht. Der vorgelegte Entwurf sieht nur ein eingeschränktes Züchterprivileg für Pflanzenzüchter vor. Diese Einschränkung ermöglicht es nicht, dass der Züchter sein Saatgut unabhängig von den Ansprüchen von Patentinhabern frei handeln kann. Zudem könnten Landwirte ihre eigenen Tiere ohne Zustimmung von Patentinhabern nicht mehr zur Zucht verkaufen. Die in der Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ zusammengeschlossenen Organisationen warnen davor, dass Konzerne wie Monsanto, Dupont, Syngenta und Bayer das Patentrecht missbrauchen, um Kontrolle über die globale Nahrungsmittelproduktion zu erlangen. Die Koalition wird getragen von Organisationen, die im Umweltschutz, in der Entwicklungshilfe und in der Landwirtschaft aktiv sind. Einige Hundert Organisationen haben bereits die Petition auf www.no-patents-on-seeds.org unterzeichnet. Kontakt: Christoph Then, Tel. 0049-151/54638040, info@no-patents-on-seeds.org Informationen von „Keine Patente auf Saatgut!“ zum neuen Patentgerichtshof: http://www.no-patents-on-seeds.org/en/information/background/critical-a…
Europäisches Parlament vor entscheidender Abstimmung
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