28.6.2023 / Nach aktuellen Recherchen von Keine Patente auf Saatgut! sind bereits mehr als 1.000 konventionell gezüchtete Pflanzensorten von europäischen Patenten betroffen. Diese Entwicklung ist bisher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt geblieben, obwohl laut europäischer Gesetze die Patentierung von Pflanzensorten verboten ist. In der Folge steht die Pflanzenzucht in Europa vor einer schweren Krise, traditionelle Züchter*innen müssen befürchten, dass sie ihre bisherige Handlungsfreiheit schon bald verlieren. Auf diese Probleme weist ein aktueller Bericht von Keine Patente auf Saatgut! hin, der heute in einer erweiterten Version veröffentlicht wird.
„Unsere Recherche zeigt, dass immer mehr Pflanzensorten, die neu auf den Markt gebracht werden, von Patenten betroffen sind. Viele konventionell gezüchtete Sorten sind sogar bereits von mehreren Patenten betroffen. Wir brauchen politische Entscheidungen, um zu verhindern, dass sich die großen Konzerne die biologische Vielfalt aneignen“, sagt Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!.
50 Jahre nachdem das Europäische Patentamt (EPA) gegründet wurde, sind die Entscheidungen, die vom Amt getroffen werden, nicht mehr in Übereinstimmung mit seiner rechtlichen Basis, dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ): Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzensorten sind verboten. Nur im Zusammenhang mit technischen Erfindungen wie transgene Pflanzen erlaubt eine Richtlinie der EU (98/44) die Vergabe von Patenten.
„Das Europäische Patentamt sollte sein 50-jähriges Jubiläum im Oktober 2023 dazu nutzen, diese dunkle Seite seiner Geschichte zu beenden. Es sollte sich selbst und der Öffentlichkeit ein Geschenk machen mit einem klaren Signal, dass die Patentierung von Saatgut gestoppt wird. Das Patentamt sollte im Interesse der Öffentlichkeit arbeiten und die europäischen Patentgesetze respektieren“, sagt Dagmar Urban von Arche Noah.
Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass die Vertreter*innen der Vertragsstaaten, die sich heute im Verwaltungsrat des EPA treffen, jetzt aktiv werden. Gemäß den Bestimmungen des EPÜ überwacht der Verwaltungsrat die korrekte Auslegung der Gesetze. Die internationale Koalition warnt, dass ohne eine Korrektur der Interpretation des EPÜ die Innovation in der traditionellen Pflanzenzucht blockiert wird und die Zukunft der Ernährungssicherheit gefährdet wird.
Erst jüngst wurde in dieser Hinsicht ein Erfolg erzielt: Das Parlament in Österreich verabschiedete ein nationales Patentgesetz, das Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen ausdrücklich verbietet. Keine Patente auf Saatgut! sieht in diesem Gesetz eine Vorlage für andere nationale Patentgesetze und für die erwarteten Entscheidungen des Verwaltungsrats. Auch die EU ist jetzt gefragt: Vom niederländischen Parlament wurde jüngst eine Resolution angenommen, in der gefordert wird, dass Patente auf Saatgut auf der Ebene des EU-Agrarminister*innenrates diskutiert werden sollen.
Kontakt
- Christoph Then, Sprecher für Keine Patente auf Saatgut!, info@no-patents-on-seeds.org, +49 151 54638040
- Dagmar Urban, Referentin Saatgutpolitik, ARCHE NOAH, dagmar.urban@arche-noah.at, +43 676 9318180
- Johanna Eckhardt, Projektkoordination für Keine Patente auf Saatgut!, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org, +43 680 2126343
Weitere Informationen
- Der aktuelle Bericht: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/bericht2023
- Das Gesetz auf der Seite des österreichischen Parlaments: https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ME/229?selectedStage=100
- Die Resolution des niederländischen Parlaments (Niederländisch): https://t.co/lDO0ZjOGRm
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