Europäisches Patent auf „red hot chili peppers“

Konzern Syngenta beansprucht Wachstum und Ernte von Pflanzen als Erfindung

München, 9.5. 2013. Das Europäische Patentamt (EPA) hat es wieder getan: Gestern wurde ein Patent auf Chili-Pflanzen aus konventioneller Züchtung erteilt (EP2140023). Im Patent werden die Pflanzen, das Saatgut und die Früchte beansprucht, sogar das Wachsen und das Ernten der Pflanze gelten als Erfindung. Das Patent wurde erteilt, obwohl jüngst zwei Millionen Menschen per Unterschrift gegen Patente auf konventionelle Züchtung protestierten und sowohl das Europäische Parlament als auch der Deutsche Bundestag sich für einen Stopp derartiger Patente ausgesprochen haben. Präzedenzfälle, die Patente auf Tomaten und Brokkoli betreffen, sind beim EPA seit mehr als fünf Jahren anhängig und immer noch nicht entschieden. Das Bündnis Keine Patente auf Saatgut! und weitere Organisationen fordern die politischen Entscheidungsträger der Mitgliedsländer des EPA auf, diese Patente jetzt zu stoppen. „Dieses Patent zeigt erneut, dass das Patentamt außer Kontrolle geraten ist. Es ignoriert die Resolution des Europäischen Parlamentes. Statt dessen werden mehr und mehr Patente auf Pflanzen aus konventioneller Zucht erteilt“, sagt Christoph Then vom Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“. „Derartige Patente könnten innerhalb kurzer Zeit von der Politik gestoppt werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich aktiv zu werden.“ Es gibt große Unterschiede zwischen dem Wortlaut des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) und seiner Auslegung. Während beispielsweise das EPÜ die Patentierung von Pflanzensorten oder Tierrassen verbietet, erteilt das EPA regelmäßig Patente, die sich auch auf Sorten erstrecken. Der Verwaltungsrat des EPA, in dem die Repräsentanten der Mitgliedsländer sitzen, könnte die Auslegung der Gesetze ändern und so wirksame Maßnahmen gegen die Aushöhlung der bestehenden Verbote ergreifen. Dieser entscheidende Schritt würde auch durch ein Votum des Europäischen Parlaments vom Mai 2012 unterstützt. Allerdings wären noch weitere Schritte wie Gesetzesänderungen auf der Ebene der EU nötig, um Patente auf Leben vollständig zu verbieten. Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft fordert: „Die Bundesregierung muss jetzt endlich klare Kante zeigen und die unsägliche Patentierungspraxis des EPAs stoppen. Sie muss sich dafür stark machen, dass die Schlupflöcher des Europäischen Patentübereinkommens gestopft werden und endlich keine Patente auf Saatgut und Nutztiere mehr erteilt werden“. Die Organisationen hinter „Keine Patente auf Saatgut!“ befürchten, dass Patente die Marktkonzentration im Saatgutbereich weiter vorantreiben werden und so die Grundlagen der Ernährung in die vollständige Abhängigkeit von einigen wenigen internationalen Konzernen geraten. Diese Tendenz könnte auch durch das neue Saatgutgesetz der EU weiter verstärkt werden, das vor wenigen Tagen vorgestellt wurde. Die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ wird von Bionext (Niederlande), der Erklärung von Bern, Gene Watch UK, Greenpeace Deutschland, Kein Patent auf Leben!, Misereor, Rete Semi Rurali (Italien), Réseau Semences Paysannes, dem norwegischen Development Fund und Swissaid getragen. Unterstützt von mehreren Hundert Organisationen, setzt sie sich gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren ein. In Deutschland unterstützen unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Bäuerliche Erzeuger­gemeinschaft Schwäbisch Hall (BESch), der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Bundesverband Deutscher Milchviehalter (BDM), der Demeter e.V., das Gen-ethische Netzwerk, die Gesellschaft für ökologische Forschung, die IG Nachbau, die IG Saatgut, Save our Seeds (SOS), Sambucus, das Umweltinstitut München, der Verband Katholisches Landvolk und die die Zukunftsstiftung Landwirtschaft (ZSL).

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