7. Juni 2017
Mit einem Gespann von sechs Brauereipferden und einem Fass alkoholfreiem Ökobier fährt heute das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ beim Europäischen Patentamt (EPA) in München vor (Fotos). Die Teilnehmer überbringen einen Einspruch gegen ein Patent der Firmen Carlsberg & Heineken, das 2016 erteilt wurde (EP 2575433). Die Brauereikonzerne beanspruchen Braugerste und Bier als ihre Erfindung. Am Einspruch beteiligen sich rund 40 Organisationen.
Die beanspruchten Gerstenpflanzen sollen den Brauprozess vereinfachen. Die Pflanzen sind nicht gentechnisch verändert, sondern stammen aus konventioneller Züchtung. Zuvor hatten die Brauereikonzerne bereits zwei Patente auf Gerstenpflanzen erhalten, in deren Körnern – aufgrund von zufälligen Mutationen – Geschmacksstoffe fehlen, die den Geschmack von Bier beeinträchtigen können. Laut dem dritten Patent werden die beiden Gerstensorten so miteinander gekreuzt, dass deren Nachkommen eine Kombination der erwünschten Eigenschaften aufweisen. Das Patent umfasst die Gerste, den Vorgang des Bierbrauens und das mit dieser Gerste hergestellte Bier.
„Dieses Patent ist ganz offensichtlich absurd: Zufallsmutationen sind doch keine Erfindung“, sagt Lara Dovifat von Campact. „Niemand darf sich unsere Ernährungspflanzen über Patente aneignen, egal ob es um Braugerste, Reis oder Weizen geht.“
Patente wie die auf Braugerste können auch in Zukunft erteilt werden. Zwar wollen sich - nach mehr als zehn Jahren des Protests der Zivilgesellschaft - die 38 Vertragsstaaten Ende Juni bei einer Sitzung des Verwaltungsrats des Europäischen Patentamts in Den Haag treffen, um die bestehenden Verbote im Patentrecht zu stärken. Pflanzen und Tiere, deren Züchtung ausschließlich auf Kreuzung und Selektion beruht, dürfen in Zukunft nicht mehr patentiert werden. Doch der Entwurf erlaubt weitreichende Ausnahmen: Weisen die Pflanzen oder Tiere beispielsweise zufällige Mutationen auf, sind sie weiterhin patentierbar. Das gilt auch für die Braugerste. Der geplante Beschluss steht im Widerspruch zu einer Stellungnahme der EU-Kommission von November 2016, nach der nur gentechnische Verfahren patentiert werden dürfen, bei denen gezielt auf der Ebene des Erbguts von Pflanzen und Tieren eingegriffen wird. Auch das Europäische Parlament hatte gefordert, Patente auf konventionelle Züchtung ausnahmslos zu verbieten.
„Patente auf konventionell gezüchtetes Saatgut gefährden die globale Ernährungssicherung. Die großen Konzerne orientieren sich an ihrer Gewinnmaximierung und betreiben keineswegs Züchtung für das globale Allgemeinwohl“, so Fabian Molina von der Entwicklungshilfe-Organisation Swissaid. „Die Arbeit traditioneller Züchter darf nicht durch Patente behindert werden, damit wir auch in Zukunft regional angepasste Sorten haben.“
Die Einspruch einlegenden Organisationen fordern, dass die konventionelle Zucht von Pflanzen und Tieren vollständig von der Patentierung ausgenommen wird.
„Wir geben heute möglicherweise die letzte Runde Freibier am Europäischen Patentamt aus. Das Amt hat seit seinem Bestehen immer nur den Interessen der Industrie und der Patentanwälte gedient“, sagt Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Wir fordern, dass jetzt die Patentverbote endlich wirksam werden, die für Verbraucher, Landwirte und Züchter von größter Wichtigkeit sind.“
Am Einspruch beteiligt sind u. a. die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (AGU), Arche Noah Österreich, Bioland, ARGE Schöpfungsverantwortung Östterreich, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Bündnis gentechnikfreie Landwirtschaft, der BUND Naturschutz Bayern (BN), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), Campact, Copenhagen Food co-operative Dänemark, Die Freien Bäcker, Evangelischer Dienst auf dem Land in der EKD (EDL), Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB), Erzeugergemeinschaft Bördeland und Diemetal, FIAN, GAIA Portugal, Gäa e. V. – Vereinigung ökologischer Landbau, Gen-ethisches Netzwerk (GeN), HORIZONT3000 Österreich, IG Milch Österreich, IG Nachbau, Katholische Landvolkbewegung (KLB), Kein Patent auf Leben!, No Patents on Seeds!, NOAH – Friends of the Earth Denmark, Plataforma transgenicos fora Portugal, Pro Regenwald, ProSpecie Rara Schweiz, Sambucus, Save Our Seeds!, Slow Food Deutschland, Swissaid, Umweltinstitut München, Verband Katholisches Landvolk (VKL), Welthaus Diözese Graz-Seckau, Österreich, WeMove.EU, Zivilcourage Rosenheim und Miesbach sowie und die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
Kontakte:
Lara Dovifat, Campact, Tel: 0160 / 947 41 031, dovifat@campact.de
Fabian Molina, wissenschaftlicher Mitarbeiter SWISSAID, +41 79 781 12 28
Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und IG-Nachbau, janssen@abl-ev.de, Tel: 04131/407757
Christoph Then, Sprecher 'Keine Patente auf Saatgut!', Tel +49 (0) 151 54638040,
info@no-patents-on-seeds.org
Das Patent von Carlsberg und Heineken:
http://no-patents-on-seeds.org/en/information/patent-cases/energy-savin…
Der Einspuch gegen das Patent:
http://no-patents-on-seeds.org/en/information/background/opposition-aga…
Fotos:
http://no-patents-on-seeds.org/de/archiv/fotos/zur-letzten-runde-freibi…
Weitere Informationen:
www.no-patents-on-beer.org